Regulierung gescheitert? Schwarzmarkt-Boom in Deutschland

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Darstellung des Konflikts zwischen der GGL und dem illegalen Glücksspiel-Schwarzmarkt in Deutschland.
© Midjourney

Branchen-News aus Deutschland sorgten zuletzt für Schlagzeilen, und das aus gutem Grund. Betreiber, Anbieter und viele andere Stakeholder der iGaming-Branche warteten buchstäblich jahrelang auf die Regulierung des deutschen Online-Wetten- und Glücksspielmarktes, in der Hoffnung auf einen legalen und regulierten Zugang zu Millionen von Kunden in Europas größter Volkswirtschaft.

Als die Regulierung 2021 in Form des Glücksspielstaatsvertrags (GlüStV) in Kraft trat, wurde sie mit tiefster Skepsis aufgenommen. Zum Leidwesen der Betreiber sind ihre schlimmsten Befürchtungen in den vergangenen vier Jahren wahr geworden.

Die Konfliktpunkte sind ernst, und trotz zahlreicher Interventionen von Branchenverbänden wurde wenig bis gar nichts unternommen, um diese zu korrigieren oder auch nur anzuerkennen. Die Kanalisierungsrate – ein Schlüsselmaß dafür, ob es einem regulierten Markt gelingt, die Mehrheit der Spieler auf legale und lizenzierte Online Casinos zu lenken – ist hierfür das beste Beispiel. Die Meinungsverschiedenheit zwischen der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder (GGL) und dem Deutschen Sportwettenverband (DSWV) verdeutlicht das Problem.

Kanalisierungsdebatte: Regulator vs. Verband

Die GGL schätzt, dass die illegalen Betreiber, die Deutschland ins Visier nehmen, 25 % der Spielbasis erfassen. Der DSWV hingegen beziffert die tatsächliche Zahl auf nahezu 40 % und fordert eine dringende Neubewertung und Diskussion der Sachlage.

Für den DSWV ist die massive Abwanderung in den Schwarzmarkt auf folgende restriktive Vorschriften zurückzuführen:

  • Eine 5,3 % Steuer auf Einsätze statt auf Bruttogewinne.
  • Monatliche Einzahlungslimits von 1.000 € pro Spieler.
  • Ein Maximaleinsatz von 1 € pro Spin für Online-Slots.
  • Zusätzlich sind Online-Roulette und Blackjack nur eingeschränkt und bundeslandabhängig reguliert.
  • Online-Sportwettenanbieter dürfen weder In-Play-Wetten noch Politik- oder Fantasy-Wetten anbieten.

Der DSWV bezeichnet die Regulierungen als „die restriktivsten der Welt“. Die Folge sei ein scheiternder Markt, in dem die Einnahmen stetig zurückgehen: Deutsche Betreiber verzeichneten 2023 Einsätze in Höhe von 7,7 Milliarden Euro, ein Rückgang von 5,4 % gegenüber dem Vorjahr. DSWV-Präsident Matthias Dahms kommentierte, dass "das Geld in die Kassen der Schwarzmarktanbieter fließt".

Sebastian Buchholz, Leiter der Lizenzierung und Marktüberwachung bei der GGL, eröffnete das "Gaming in Germany"-Event in Berlin mit der Aussage, die GGL sei mit ihrer Arbeit zufrieden, werde die Kanalisierungsraten jedoch untersuchen, um die Regulierung zu verbessern. Die Tatsache, dass dies vier Jahre nach Inkrafttreten der Gesetze noch immer aussteht, zeugt von einem Mangel an Dringlichkeit, den regulierte Betreiber als zutiefst frustrierend empfinden.

„Das Geld fließt in die Kassen der Schwarzmarktanbieter.“ – Matthias Dahms, Präsident des DSWV

Nachbarland als Warnsignal

Auch in den benachbarten Niederlanden sind die Betreiber zutiefst unzufrieden mit der Entwicklung der Regulierung seit der Legalisierung im Jahr 2021. Immerhin zeigte sich die niederländische Glücksspielbehörde (KSA) ehrlich: Aufgrund der im Januar in Kraft getretenen Steuererhöhungen sanken die legalen Einnahmen aus Online Casinos im Vergleich zum vorangegangenen Halbjahr um 14 % auf 600 Millionen Euro, während illegale Seiten 617 Millionen Euro von niederländischen Spielern einnahmen. Die "monetäre Kanalisierung" des Landes lag damit bei lediglich 49 %.

Dies bedeutet, dass 51 % der Glücksspieleinnahmen an nicht lizenzierte Betreiber gingen – ein klares Scheitern eines Regulierungssystems, dessen vorrangiges Ziel es ist, die Mehrheit der Einnahmen aus legalen Quellen zu sichern. Auch die Regierung profitierte nicht von höheren Steuereinnahmen, da High-Spender auf unregulierte Seiten auswichen, um Einzahlungslimits oder begrenzte Produktangebote zu umgehen.

Die X-Faktoren: Steuern, Krypto, Schwarzmarkt

Glücksspielbetreiber sind bekannt dafür, sich über Regulierungen zu beschweren und niedrigere Steuern zu fordern. Im Jahr 2025 gibt es jedoch drei große Faktoren, die ihre Aktivitäten beeinflussen und nicht ignoriert werden können:

  • Die Steuern: Die "alte Gewissheit des Lebens". Nahezu alle europäischen Regierungen haben in den letzten Jahren Steuererhöhungen umgesetzt, von Frankreich über die Niederlande bis zum Vereinigten Königreich. Da Glücksspielunternehmen politisch kaum oder gar nicht unterstützt werden, sind sie für Regierungen auf der Suche nach Einnahmen ein leichtes Ziel.
  • Illegal und Krypto: Obwohl Krypto-Betreiber meist unreguliert sind und eine Verbindung zum Schwarzmarkt besteht, muss zwischen ihnen und "regulären" illegalen Fiat-Betreibern unterschieden werden. Jahrelang reagierten Politiker und Journalisten mit Zynismus, wenn Betreiber vor einer Zunahme des Schwarzmarktes warnten. Dies ist 2025 schlichtweg nicht mehr möglich: Illegale Anbieter sind so weit verbreitet, dass ihre Existenz nicht länger ignoriert werden kann.
  • Krypto-Betreiber: Sie sind mittlerweile so groß und finanziell stark, dass sie nicht mehr zu umgehen sind. Ihre finanzielle Schlagkraft ermöglicht es ihnen, sich durch das Sponsoring von Fußball- oder Formel-1-Teams oder die Anstellung großer Prominenter als Markenbotschafter eine gewisse Seriosität zu verschaffen. Zudem geben Krypto-Spieler tendenziell deutlich mehr aus als "reguläre" Kunden, was diesen Betreibern höhere Margen und Gewinne ermöglicht.

Während all dies geschieht, werden die Spieler der Krypto-Anbieter immer jünger. Sie agieren in einem derart eigenständigen finanziellen Umfeld, dass die Interaktion mit ihnen über Fiat-Währungen in naher Zukunft schwierig werden könnte. Regulierte Betreiber bleiben zwar weiterhin präsent, aber die Hoffnung ruht darauf, dass die Regulierungsbehörden endlich auf die Beschwerden über die hohe Besteuerung und die restriktiven Vorschriften hören und in einen Dialog treten.

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